Wie wird man Taxifahrer?

Ben Waldner 9. August 2013
Wie wird man Taxifahrer?

Um einen Taxischein zu erwerben, müssen Sie einige Voraussetzungen erfüllen und eine zweiteilige Ortskundeprüfung sowie einen Gesundheitstest bestehen. Bitte lesen Sie den folgenden Text, bevor Sie irgendeinen Antrag stellen.

Zuerst in Kurzform die notwendigen Schritte in der von uns empfohlenen Reihenfolge:

  1. Falls Sie eine Brille mit höherer Dioprienzahl tragen: Sehtest beim Arbeitsmediziner oder Augenarzt zur Klärung, ob Ihre Sehkraft zum Taxifahren ausreicht
  2. Unverbindliche Besuche in Taxischulen (möglichst mit probeweiser Teilnahme an Unterrichtseinheiten), um eine gute und sympathische Schule auszuwählen, deren Konditionen mit Ihren Vorstellungen übereinstimmen
  3. Teilnahme am Unterricht und fleißiges Lernen und Üben zu Hause. (Es ist theoretisch möglich, sich das Wissen ohne Taxischule anzueignen, jedoch sind in der Prüfung viele Details wichtig, die ohne Taxischule schwer in Erfahrung zu bringen sind.)
  4. Antragstellung auf Taxischein und Führungszeugnis (zusammen 55,60 €) bei einer Meldestelle in Berlin (bzw. für Anwärter mit Wohnsitz außerhalb Berlins bei der örtlichen Meldebehörde, dort ggf. abweichende Kosten).
  5. Untersuchung beim Arbeitsmediziner, falls nicht schon mit Punkt 1 erledigt (ca. 110 €)
  6. Anmeldung zur schriftlichen Prüfung (55,00 € pro Versuch)
  7. Gleich nach Bestehen der schriftlichen Prüfung Anmeldung zur mündlichen Prüfung (55,00 € pro Versuch ab dem 2. Versuch)
  8. Nach Bestehen der mündlichen Prüfung Anmeldung zum Funkkurs

 

Grundvoraussetzungen und Formalitäten

Gesundheitsnachweis

Die entscheidende Bedingung für die Erteilung des Taxischeins ist ein Nachweis über die gesundheitliche Eignung, der aus drei Teilen besteht:

  1. Bescheinigung über die körperliche und geistige Eignung
  2. Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung des Sehvermögens
  3. bestandener Funktions- und Leistungstest

Die Untersuchung wird in der Regel komplett bei einem Termin durchgeführt, allerdings nicht von einem beliebigen Arzt, sondern von einem Arbeitsmediziner. Die Kosten, die in der Regel zwischen 90 und 120 Euro liegen, werden nicht von den Krankenkassen übernommen.

Der medizinsische Nachweis, bestehend aus den oben genannten Punkten, muss erst bei Abholung des Taxischeins dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (kurz: LABO) vorgelegt werden. Die Sehtest-Bescheinigung darf nicht älter als zwei Jahre sein, die anderen beiden Teile nicht älter als ein Jahr. Falls Sie eine Brille mit hoher Stärke tragen, empfiehlt sich der ärztliche Sehtest als erster Schritt überhaupt, da hier Anforderungen gelten, die Personen mit erheblich beeinträchtigtem Sehvermögen ausschließen. Dies sollten Sie ggf. klären, bevor Sie sich die Arbeit des Lernens machen und Geld ausgeben.

Führungszeugnis

Falls Sie Probleme wegen erheblicher Verkehrsverstöße oder Straftaten hatten oder haben, in der Flensburger Punktedatei einen vorderen Platz belegen oder sogar vorbestraft sind, empfiehlt sich vor dem Stellen eines kostenpflichtigen Antrags eine persönliche Anfrage beim LABO, ob für Sie Aussicht auf die Erteilung eines Taxischeins besteht. Sollte dies ausgeschlossen sein, können Sie Ihr Führungszeugnis anfordern. Die Meldebehörde schickt Ihr Führungszeugnis direkt an das LABO. Kosten: 13,00 Euro Ihr Führungszeugnis sollte wie folgt gekennzeichnet sein: Belegart „O“ (wie Otto) = kein Eintrag

 

Inhalte und Prüfungsablauf

Ortskundenachweis

Die Ortskunde ist die größte und zeitintensivste Hürde auf dem Weg zum Taxischein für Berlin. Obwohl außer umfassenden Ortskenntnissen keine Fachkunde, Rechtskunde oder sonstiges Wissen geprüft wird, brauchen Anwärter häufig vier Monate bis ein Jahr und mehrere Versuche bis zum Bestehen der Prüfung. Diese besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil und wird nicht von einer Behörde abgenommen, sondern von einer Prüfungskommission, die gemeinsam von drei der Gewerbeverbände des Berliner Taxigewerbes besetzt ist. Dies sind:

  1. TaxiDeutschland, Landesverband Berlin e. V. (TD)
  2. Die „Innung“ des Berliner Taxigewerbes
  3. Der Taxiverband Berlin, Brandenburg (TVB)

Anmeldung zur Prüfung

Ein Anwärter, der – in einer Taxischule, in einer privaten Lerngruppe oder alleine – für den Taxischein lernt und einschätzen kann, dass er innerhalb der nächsten Wochen den Inhalt des Ortskunde-Katalogs so weit beherrschen wird, dass er die schriftliche Prüfung bestehen kann, sollte spätestens jetzt den Antrag bei der Meldebehörde stellen und sich außerdem zur schriftlichen Prüfung anmelden. Dies ist durch einen Besuch der Geschäftsstelle desjenigen Verbandes möglich, der zu der Jahreszeit zuständig ist. Momentan (Stand: April 2013) ist dies von März bis Oktober die „Innung“ und von November bis Februar der TVB (der halbjährliche Wechsel gilt nicht mehr). Sie werden dort nach Ihrem Ausweis gefragt und müssen die Prüfungsgebühr von 55,00 Euro bezahlen. Mit diesem Betrag haben Sie die erste schriftliche sowie die erste mündliche Prüfung innerhalb eines Jahres bezahlt. Für jede schriftliche oder mündliche Wiederholungsprüfung fallen erneut 55,00 Euro an.

Viele Anwärter bestehen die mündliche Prüfung erst nach mehreren Versuchen. Falls die Prüfer zur Ansicht gelangen, der Prüfling hat noch gravierende Wissenslücken, verweigern sie ggf. einen zeitnahen Wiederholungstermin. Auch ein voller Terminplan der Prüfungskommission ist häufig ein Grund für lange Wartezeiten auf Prüfungstermine. Die Anmeldung sollte deshalb rechtzeitig erfolgen und im Falle einer nicht bestandenen Prüfung sofort mit einem neuen Termin wiederholt werden. Für diesen Fall empfiehlt es sich, bereits zur Prüfung den Geldbetrag für eine etwaige Wiederholungsprüfung mitzunehmen, um Verzögerungen zu vermeiden. Eine erfolgreiche schriftliche Prüfung hat ein Jahr lang Bestand als Qualifikation für die mündliche Prüfung. Nach Ablauf dieses Zeitraums ohne bestandene mündliche Prüfung muss auch die schriftliche zuerst erneut abgelegt werden.

Schriftliche Prüfung

Hier müssen Sie als Anwärter – kurz gesagt –

  1. die Berliner Bezirke kennen und diese den Ortsteilen zuordnen können
  2. für etwa 475 Straßen Anfang und Ende benennen können
  3. für 73 Plätze jeweils drei abgehende Straßen nennen können
  4. die Standorte von etwa 435 Objekten (Hotels, Krankenhäuser, Sehenswürdigkeiten, Ministerien usw.) hinreichend genau kennen

Sie erhalten – in einem Raum zusammen mit anderen Bewerbern ähnlich wie bei einer Klassenarbeit in der Schule – einen Fragebogen mit 30 Positionen aus dem Ortskundekatalog, die Sie innerhalb einer halben Stunde beantworten sollen. Bei mindestens 27 richtigen Antworten ist die Prüfung bestanden, wobei auch auf Rechtschreibung geachtet wird, um sicherzustellen, dass Sie beispielsweise Straßen mit komplizierten Namen später auch im Stadtplan oder im Navigationsgerät finden werden. Zum Bestehen der schriftlichen Prüfung ist somit kein Glück erforderlich. Sie müssen „nur“ den Inhalt des Ortskunde-Katalogs beherrschen.

Mündliche Prüfung

Nach bestandener schriftlicher Prüfung ist ein Termin für die mündliche Prüfung zu vereinbaren. Hier sind von drei vorgegebenen Zielfahrten von A nach B zwei Fahrten ohne Fehler und mit höchstens geringfügigem Umweg zu beschreiben. A und B können dabei alle Ortsteile bzw. Siedlungen, Plätze und Objekte aus dem Ortskunde-Katalog sein. Es sind alle Straßen zu nennen, die auf der Route befahren werden (auch Straßen, die nicht im Katalog stehen), jeder Platz aus dem Katalog, der passiert wird, ist zu erwähnen, und bei Richtungswechseln ist anzugeben, in welche Richtung jeweils abgebogen wird. Falls der Anwärter eine der beiden zuerst gefragten Zielfahrten nicht zur Zufriedenheit der Prüfer beschrieben hat, wird die dritte Fahrt abgefragt. Falls auch dabei Ungenauigkeiten oder kleine Fehler auftreten, sind Zusatzfragen möglich, beispielsweise das Aufzählen sämtlicher Querstraßen der Friedrichstraße, des Kurfürstendamms, der Tauentzienstraße oder Unter den Linden. Auch die Fähigkeit zum Umgang mit einem Stadtplan durch Heraussuchen einer wenig bekannten, von den Prüfern vorgegebenen Straße kann theoretisch überprüft werden. Auch die Abfrage mehrerer Standorte von Objekten aus dem Ortskundekatalog kommt als Zusatzfrage gelegentlich vor. In der mündlichen Prüfung hilft neben Fachwissen und einer guten körperlichen Verfassung oft auch Glück beim Bestehen.

Der gelbe Schein

Mit der Bescheinigung über die bestandene Ortskundeprüfung, dem Gesundheitszeugnis und Ihrem Ausweis können Sie während der „Öffnungszeiten für Abholer“ beim LABO in der Puttkamerstraße 16-18 (Ecke Friedrichstraße) in Kreuzberg Ihren ersehnten gelben Schein abholen. Damit sind Sie sofort berechtigt, Taxi zu fahren.